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Elfte Stolpersteinverlegung am 23. Mai 2025

Redebeiträge der Nachfahren

Bei der elften Stolpersteinverlegung waren zahlreiche Nachfahren anwesend. Ihre bewegenden Redebeiträge können Sie hier nachlesen.

„Mit den Stolpersteinen sind die Menschen gegenwärtig“

„Unser Vater wollte nicht, dass meine Schwester Karen und ich seine Geburtsstadt Bruchsal zu seinen Lebzeiten besuchen“, berichtete Jeanette Rosenberg, Tochter von Leo Rosenberg. Jetzt, fast zwei Jahre nach Leos Tod, kamen die Schwestern zum ersten Mal von London in die Barockstadt. Anlass war die Verlegung von 18 Stolpersteinen, einer davon für Leo Rosenberg.

„Jeder Mensch zieht seine eigenen Konsequenzen aus seiner Familiengeschichte – das muss man ohne Wenn und Aber respektieren.“ Rolf Schmitt hatte das immer wieder betont. Der Initiator der Stolperstein-Aktion in Bruchsal starb wenige Wochen vor der elften Verlegung. „Sein unermüdlicher Einsatz für die Bruchsaler Gedenkkultur und Versöhnungsarbeit hat ganz besondere Zeichen und Maßstäbe gesetzt“, sagte Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick. Auf einem Foto in der aktuellen Gedenkschrift ist Schmitt im Kreis der Familie Rosenberg zu sehen – sie haken sich bei dem Bruchsaler unter – auch Leo Rosenberg. Das Bild entstand 2015 in London. Die Kontakte, die Rolf Schmitt weltweit zu Familien und Nachfahren ehemaliger jüdischer Bürgerinnen und Bürger von Bruchsal unterhalten und durch Auslandsreisen weiter intensiviert hat, waren ungezählt und vielfältig“, so Petzold-Schick.

2015 wurden die kleinen Mahnmale zum ersten Mal in der Stadt verlegt. Rund 180 sind es bis jetzt. Der Künstler, Gunter Demnig, verlegt sie alle selbst. „Mit den Stolpersteinen sind die Menschen plötzlich wieder gegenwärtig“, sagt Demnig über die Idee hinter seinem Projekt. Das Ritual ist immer gleich: Demnig kniet auf dem Boden, umgeben von Eimern mit Wasser und Sand, setzt die Steine in vorbereitete Lücken ein, klopft sie mit einem Hammer fest, wischt anschließend die quadratischen Messingplatten mit einem Tuch blank.

Wir wollen Stolpersteine dort verlegen, wo die NS-Opfer zuletzt freiwillig lebten“, erklärte Thomas Adam vom Kulturamt der Stadt. Mehrere Stolpersteine wurden deshalb auf der Verkehrsinsel an der Seilersbahn verlegt, früher standen an dieser Stelle Häuser. Wer die Insel überquert, erfährt beim Blick auf den Boden, dass dort Karl Schilling, „KPD-Sympathisant“, wohnte. „Am Beispiel meines Großvaters sieht man, dass die Nazis auch nichtjüdische Menschen ermordeten, die ihnen missfielen“, erinnerte Enkelin Dagmar Graf.

Unter der Leitung von Florian Jung hatten die Schüler/-innen der Projektgruppe „Stolpersteine“ des Justus-Knecht-Gymnasiums Akten durchforstet, Fotos gesucht, Zeitzeugen und Nachfahren befragt. Sie stellten die Lebensgeschichten der NS-Opfer direkt an den Verlege-Stellen und anschließend im Rathaus vor.
Die Gruppe Shtetl Tov umrahmte die gesamte Gedenkveranstaltung mit Klezmer-Musik.  
Martina Schäufele