Der Feiertag zum 1. Mai wurde zwar erst 1919 zum ersten Mal begangen, doch Maibräuche und -feste gab es bereits in der Antike. Und da der 1. Mai vor 170 Jahren auf einen Sonntag fiel, gab es auch in Bruchsal Gelegenheit zu feiern. Unser Archivale des Monats ist eine Anzeige aus dem „Bruchsaler Wochenblatt“ vom 30. April 1853. Darin kündigt der Wirt der Gaststätte „Drei Könige“ an, am 1. Mai seine Gartenwirtschaft zu eröffnen. Zur musikalischen Begleitung wird der Musikkorps des Reiterregiments beitragen. Das „Bruchsaler Wochenblatt“ bietet eine Fülle von Informationen über das Leben in Bruchsal und Umgebung. Neben öffentlichen Mitteilungen der Verwaltung bietet ein großer Anzeigenteil Informationen über Handelswaren, Auswanderer, Immobilien, Chirurgendienste und vieles Weiteres, kurz: Nützliches und Kurioses kann man auf den bereits digitalisierten Seiten dieses Periodikums finden. Die kleinen Bildchen neben den Anzeigen nannte man übrigens "Klischees", sie wurden dem Inhalt der Anzeige angepasst. Kleine Häuschen bei Immobilienanzeigen, ein Hund bei einer Meldung eines zugelaufenen Hühnerhundes und vieles mehr boten die Zeitungsverlage ihren Kunden an, um den Blick der Leser auf die kleinen Kästchen zu lenken.
April
Diesen Monat stellen wir in unserer Reihe ein 65 Jahre altes Luftbild vor. Der Grund für die Auswahl ist die Tatsache, dass der Bruchsaler Schwimmverein in diesem April auf 75 Jahre Vereinsgeschichte zurückblicken kann, und dass der frühere „Sportplatz“ der Schwimmerinnen und Schwimmer, nämlich das Freibad, auf dem Foto links unten gut zu erkennen ist. 1891 wurde das Bad gebaut und wenige Jahre später um ein Frauenbecken erweitert. Bald nachdem diese Aufnahme entstanden ist, musste es für die Stirumschule Platz machen. Die dort verlaufende Schwimmbadstraße erinnert allerdings heute noch an diese besonders in heißen Sommermonaten geschätzte städtische Einrichtung. Die schwimmbeckenfreie Zeit währte glücklicherweise nicht lange. Bereits 1960 konnte das neue Freibad am unteren Schlossgarten eröffnet werden.
März
Am 4. März beginnt die Stadtbibliothek Bruchsal mit dem neuen Projekt der „Saatgutbibliothek“. Bei der Auswahl des Saatguts wurde auf traditionelle, möglichst regionale Gemüsesorten sowie insektenfreundliche Blumen wert gelegt. Ausleihen kann jeder; wer keinen Bibliotheksausweis hat, kann einen kostenlosen Staatgutbibliotheksausweis bekommen.
Dass der Naturschutz auch schon in früheren Zeiten eine Rolle spielte, wollen wir mit unserer Archivale des Monats März zeigen. Die Akte „Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt; das Sammeln von Heilpflanzen“ aus dem Bestand Büchenau beginnt im Jahr 1928 und gibt wieder, welche Sorten besondere Beachtung fanden. So sollte im Frühjahr darauf geachtet werden, dass Seidenbast, Sternhyacinthe, großes Schneeglöckchen und Weidenkätzchen nicht gepflückt, abgerissen oder ausgegraben und in den Handel gebracht wurden. Auch Lurche, ihre Eier und Larven standen unter dem Schutz der Verordnungen des Bezirksamtes. Gerade Ausflügler wurden angemahnt, die heimische Tierwelt nicht durch Lärm oder Verlassen der Wege zu stören. Einzig gegen Spargelfliegen und Maikäfer sollte aktiv vorgegangen werden.
Februar
Das Lied vom „Brusler Dorscht“ kennen Sie sicher – aber wussten Sie, dass es auch eins mit dem Titel „Der Brusler Mut“ gibt?
Um 8 Uhr und 11 Minuten ging es am 19. Februar des Jahres 1903 im großen Saal des Kaiserhofs los mit der Damensitzung des GroCaGe Bruchsal. In bester Jugendstilmanier ist das Titelblatt des Liederblattes mit Ornamenten und stilisierten Pflanzen gestaltet. Die Seiten im Programm zieren Illustrationen von musizierenden oder trinkenden Harlekins, Mondgesichtern und Weinflaschen-Traubenhenkel-Arrangements. Insgesamt fünf Lieder beinhaltet das Liedblatt. Das erste ist ein Gruß der Familie Bopp aus New-York in Erinnerung an den Besuch des Prinzen Heinrich von Preußen bei der dortigen deutschen Musikgesellschaft „Arion“; das zweite „Unser Pegasus“, handelt von einer Trambahn, die Bruchsal zur Großstadt machen könnte. Im Gegensatz zu diesen doch eher beschaulich-humoresken Liedern steht das Lied „Der Brusler Mut“, das doch recht martialisch den Widerstand der Bruchsaler gegen den Kurfürsten von der Pfalz schildert und auch noch Zeitgenossen davor warnt, mit einem Brusler Streit anzufangen.
Januar
Das erste Kind des Jahres ist immer eine Geschichte wert – blättern wir doch einmal 150 Jahre in den Personenstandsbüchern zurück und werfen einen Blick in das Geburtenregister des Jahres 1873. Als erstes Kind des Jahres kam am 1. Januar um 3 Uhr 37 morgens Maria Antonia Habermann zur Welt. Ihre Eltern waren der Bäcker und Bruchsaler Bürger Franz Josef Habermann und seine zweiten Ehefrau Maria Luise geborene Lengle. Warum Sie trotzdem als Nummer 2 vermerkt ist? Das Kind mit Nummer 1 kam am 31.12.1872 am Nachmittag zur Welt, die Geburt wurde erst im neuen Jahr beim Standesamt gemeldet. Nach Ortsfamilienbuch das jüngste von neun Geschwistern, war Maria Antonia Habermann die erste, die standesamtlich erfasst wurde. Das zivile Standesamtswesen wurde nach Vorbild Frankreichs in der ersten Hälfte der 1870er Jahre eingeführt, in Baden bereits zum 1. Februar 1870, je nach Region Deutschlands dauerte es bis Januar 1876. Davor wurden Geburten, Heiraten und Sterbefälle nur in den Kirchenbüchern der jeweiligen Gemeinde vermerkt. Der blau geschriebene Randvermerk gibt das Sterbedatum von Maria Antonia an: mit 72 Jahren ist sie bei der Bombardierung der Stadt ums Leben gekommen. Standesamtsbücher sind für die Familienforschung wichtige Quelle. Hier werden Geburten, Heiraten und Sterbefälle festgehalten. Durch sie kann die Linie durch die Zeit weiterverfolgt werden, da die Einträge auch Hinweise auf die Eltern der Personen enthalten, die eine Spur zur nächstälteren Generation liefern.
Dezember
Bäume und Statuen säumen den Weg vom Gartentor zum Schloss. Dieses Fotomotiv gehört sicher zu den beliebtesten Ansichten Bruchsals. Und das nicht nur heute, sondern bereits um die Jahrhundertwende, wie unser Archivale des Monats Dezember zeigt. Mit geschlossener Schneedecke erhält es noch einmal eine ganz besondere Atmosphäre. Die gesamte Familie ist hier auf einem Schneespaziergang mit Schlitten unterwegs. Das Motiv scheint bis heute (mit Ausnahme der Kleidung und Hutmode) unverändert, doch wer unsere Archivalienreihe in diesem Jahr verfolgt hat weiß, welche Anstrengungen es bedurfte, um diesen Zustand nach dem Zweiten Weltkrieg wiederherzustellen. Mit diesem Bild verabschieden wir uns von unserem Jahresthema „300 Jahre Schloss Bruchsal“ und widmen uns nächstes Jahr wieder verschiedenen Themen rund um die Stadtgeschichte.
November
Im November werden die Bäume kahl im Schlossgarten… trotzdem ist das Areal einen Besuch wert, besonders an einem sonnigen Wintertag. Der Schwanenteich lockt mit Flügelschlägen auf dem stillen Gewässer und die beiden Grotten fügen eine pittoreske Stimmung hinzu. Die Postkarte stammt, der Kleidung der Personen nach, aus der Zeit um 1910 – doch das Motiv des Schwanenteichs mit dem Häuschen in der Mitte findet sich auch heute noch beinahe unverändert.
Oktober
Im Rahmen der großen Schlossrenovation Anfang des 20. Jahrhunderts wurde beschlossen, bei der Neugestaltung der Außenbereiche auch ein Denkmal für die letzte „Schlossherrin“ zu errichten. Die Rede ist von der badischen Markgräfin Amalie, welche die ehemals fürstbischöfliche Residenz von 1806 bis zu ihrem Tod im Jahre 1832 als Witwensitz nutzte. Man entschied sich, dieses Denkmal in Gestalt eines Brunnens zu verwirklichen und als Standort wurde die Fläche vor dem Eingang des Amtsgerichts ausgewählt. Dieser Platz schien als geeignet, da er mit dem Torwachthaus über den Mittelweg durch den Ehrenhof bis hin zum Haupteingang des Schlosses eine Sichtachse bildete. Den architektonischen Entwurf für den Amalienbrunnen fertigte Bauinspektor Dr. Fritz Hirsch, für den figürlichen und dekorativen Schmuck war der noch junge aufstrebende Medailleur und Graphiker Heinrich Ehehalt verantwortlich. Unser Archivale des Monats zeigt den Moment als vor 110 Jahren der Schlussstein auf den Brunnen gesetzt wurde. Von den gezeigten Personen ist leider nur eine namentlich bekannt: Es ist Fritz Hirsch (vorne, 2.v.r.), der im Übrigen nicht nur den Brunnen entworfen, sondern auch für die gesamte Schlossrenovation die fachliche Verantwortung getragen hat.
September
In unserem September-Beitrag wollen wir auch wieder eine Verbindung zu unserem diesjährigen besonderen Jubilar, dem Bruchsaler Schloss, herstellen. Wir zeigen eine Gelegenheitsdrucksache, bei Sammlern und Fachleuten auch als Ephemera bekannt, des Turnerbundes Bruchsal 07. 1907 gegründet, konnte der Verein 15 Jahre später, am 17. September 1922 seinen neuen Turnplatz im unteren Schlossgarten einweihen. Verbunden damit war ein Turnwettbewerb, an den unser gezeigtes Archivale erinnert. Der Geräteturner Ludwig Fahrer aus Karlsruhe-Grünwinkel war einer der 1.800 Teilnehmenden und fuhr mit dem „29. Sieg mit 104 Punkten“ nach Hause. Die Teilnehmerkarte ziert eine Darstellung des Bruchsaler Schlosses, ein Blick durch das Torwachthaus auf die Mittelachse des Ehrenhofs und den Mittelrisalit des Corps de logis. Der am Torwachthaus heute noch angebrachte Willkommensgruß „Pax intrantibus“ (Friede den Eintretenden) mag bei diesem Anlass nicht nur den Schlossbesuchern, sondern überhaupt auch allen in die Stadt gekommenen Sportlerinnen und Sportlern gegolten haben. Den Turnerbund gibt es heute übrigens nicht mehr, 1946 schloss er sich mit dem seit bereits einhundert Jahren bestehenden Turnverein 46 zur TSG Bruchsal zusammen.
August
Endlich ist es soweit... das große Festwochenende zum Schlossjubiläum mit vielen Konzerten im Ehrenhof und im Schlossgarten ist da! Während die ersten historischen Schlosskonzerte nur im Inneren des Schlosses stattfanden, verlegte man bereits 1939 einen Teil der Festivitäten ins Freie. Nicht nur Kammerkonzerte im Fürstensaal standen auf dem Plan, auch Freilichtaufführungen im Schlosspark standen im Programm. Und auch die Mitwirkenden des Kammerkonzertes fanden zumindest für dieses Gruppenbild den Weg ins Freie.
Juli
Sie sind der älteste und der jüngste Bruchsaler Stadtteil, 2022 eint sie der 50. Jahrestag ihrer Eingemeindung: Helmsheim mit einer Ersterwähnung im Jahre 769 und Büchenau mit einer Ersterwähnung 1281. Wie 2021 für Unter- und Obergrombach, bietet auch hier der 50. Jahrestag der Eingemeindung den passenden Anlass, die Findbücher der Gemeindearchive online zu stellen. Sie finden die durchsuchbaren pdf-Dateien unter der Rubrik „Bestände“. Hier sollen die Archivalien des Monats, die Eingliederungsvereinbarungen der beiden Stadtteile (stellvertretend zu sehen Deckblatt und Unterschriftenseite), an die Eingemeindungen erinnern. Nun sind alle Gemeindearchive der Bruchsaler Stadtteile formal erschlossen. Die im Stadtarchiv aufbewahrten Akten, Amtsbücher, Pläne und Karten können im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben von allen Interessierten problemlos benutzt werden. Stöbern Sie gerne los!
Juni
Ende Mai haben die Feierlichkeiten zum 300. Schlossjubiläum begonnen. Auch vor 100 Jahren wurde bereits gefeiert: 1922 richtete die Ortsgruppe Bruchsal der „Badische Heimat“ das 200. Schlossjubiläum mit verschiedenen Veranstaltungen wie Festgottesdienst, Konzerten und dem Sommertagszug aus. Ein wiederkehrendes Motiv waren dabei die Barock- und Rokokogruppen. Bruchsaler Bürger mimten historische Personen wie den Baumeister Balthasar Neumann oder einen Kellermeister, die Söhne und Töchter der Stadthonoratioren wurden zu Rokokodamen und Pagenjungen „geadelt“.
Das Album mit ca. 24 Fotografien zum Schlossjubiläum hat seine ganz eigene Geschichte. Ursprünglich gehörte es dem Bruchsaler Hermann Reuter, der von den Nationalsozialisten in das KZ Dachau verschleppt wurde und dort 1944 starb. Sein Bekannter Dr. Ernst Wertheimer nahm das Album mit, als er nach London emigrierte und gab es später dem gemeinsamen Freund Dr. Hellmut Katz nach Bruchsal, der es 1958 dem Stadtarchiv übergab.