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Der Frühling kommt mit großen Schritten

Der Frühling befindet sich rechts über dem dunklen Ovalfenster. Foto: Dr. Manfred Schneider, Nußloch - www.monumente-im-bild.de

Im Schlossgarten blühen die gelben Winterlinge, die blauen Blüten von Immergrün und wilde Gänseblümchen. Die Luft ist schwanger vom Duft der Blüten und sich erwärmender Erde und vom Tirilieren der Vögel. Wie wir genießen sie die wärmende Sonne und räkeln sich wohlig in den sich ergrünenden Bäumen. Finden Sie die Skulptur Frühling in der aufs Schloss zulaufenden Hauptallee. Die in ihrer Entstehungszeit angesagtesten Frühlingsblüher sind dort am Sockel aus dem Stein geschlagen. Allesamt große Kostbarkeiten, die hoch gehandelt wurden und als Exoten galten. Sie sind ebenfalls in den Dekorationen im Schloss zu finden. Entdecken Sie die überbordende Farbenpracht des Frühlings eingewebt in Tapisserien, als florale Einlegearbeiten auf Möbeln, auf Bildern oder als frei gezogene Stuckaturen.
Im Marmorsaal sind über den vier eingestellten Raumecken oberhalb des gekröpften Gebälks die vier Jahreszeiten stuckiert. Beginnend mit dem Frühling über dem Bildnis Kaiser Franz Stephan I. von Lothringen, davon links über dem Nordfenster der Sommer mit Kornähren und Sichel, über dem Südfenster der weinselige Herbst und endend mit dem efeuberankten Winter, über dem Bildnis Maria Theresia von Österreich.
Johann Michael Feichtmayr hat Decken und Wände des Marmorsaals mit zauberhaften Stuckaturen geschmückt. Die vier Jahreszeiten sind als Halbreliefs gearbeitet. Vollplastische Putten verleihen den szenischen Darstellungen Tiefe und Lebendigkeit. Der Hintergrund in Grisaille Malerei trägt dazu bei. Bringen Sie sich ein Opern- oder Fernglas mit, um alles genauer betrachten zu können.
Besonders fröhlich wirkt die Darstellung des Frühlings. Zwei nahezu schwebende Putten sind mit Blumengirlanden beschäftigt. Gemeinsam halten sie einen goldenen Korb in die Höhe, der üppig mit bunten Blüten gefüllt ist. Deutlich zu erkennen sind Maiglöckchen Rispen, verschiedenfarbige Stiefmütterchen und zarte Rosen.
Nicht wie an der Gartenskulptur Frühblüher, sondern die Blumen des Wonnemonats Mai bilden den farbenprächtigen Blumenschmuck. Mit ihrem unwiderstehlichen Duft spielen Maiglöckchen als Parfüm Öl eine große Rolle. Sie sind auf zahlreichen Mariendarstellungen seit dem Mittelalter zu finden. Am Tag der Arbeit feiern die Franzosen das Maiglöckchen Fest. Der Brauch stammt aus der Zeit Karl IX. Er überreicht 1560 zum 1. Mai Maiglöckchen Sträuße an die Damen seines Hofs. Eine Tradition die sich über ganz Europa bis heute hält und eng mit dem „Tag der Arbeit“ verknüpft ist. Als Heilpflanze seit dem Mittelalter häufig beschrieben, sind alle Teile des Maiglöckchens extrem giftig. Die herzwirksamen Bestandteile könnten bei Herzmuskelschwäche eingesetzt werden, wären sie sinnvoll dosierbar.
Aus der Gattung der Veilchen stammt das Stiefmütterchen. Die Blume steht für gute Gedanken, Erinnerung und Angedenken. In der Kunst ist das Veilchen Attribut Marias und zeigt ihre Demut und Bescheidenheit an. Im neuzeitlichen Frankreich ist es Erkennungszeichen für Freidenker, aber auch für Napoleon. Seine Anhänger demonstrieren für seine Rückkehr aus Elba in veilchenblauer Kleidung, mit Veilchensträußen in den Händen. Das Erblühen des ersten Veilchens wird seit dem 13. Jahrhundert mit ausgelassenen Festen gefeiert. Duftveilchen werden seit der Barockzeit kandiert und gegen lästigen Mundgeruch empfohlen. Hildegard von Bingen schreibt den Veilchen heilende Wirkung zu. Die Pflanze enthält Salicylsäure die in der Schmerzbehandlung eine wichtige Rolle spielt. Auch blutdruck- blutfettsenkende sowie antibakteriell wirkende Stoffe sind nachgewiesen.
Verschiedenfarbige Rosen sind in die Girlanden eingeflochten. Sie werden seit 2000 Jahren kultiviert. Unter Ramses II. werden Rosen in Glashäusern gezüchtet und von Ägypten ins ganze römische Reich exportiert. Der Rosengarten von Schiras geht in die Weltliteratur ein, auch wegen der Gewinnung des kostbaren Öls. Ihr Duft, ihre Wirkung als Heilpflanze und ihre unfassbare Schönheit lässt antike Schriftsteller fantasievolle Beschreibungen verfassen. Die Dichterin Sappho ersinnt für sie den edlen Namen: „Königin der Blumen“. In der Illias lässt Homer Aphrodite den Körper des toten Helden Hektor mit Rosenöl salben. Auch Germanen und Kelten nutzen die Pflanze. Später erobern sie nach den Kloster-, auch Stadt- und Bauerngärten. Die symbolische Bedeutung der Rose ist so vielfältig wie ihre Farben. Stehen rote für Liebe und Leidenschaft, symbolisieren weiße Rosen Klarheit, Eleganz und Verschwiegenheit. Als Attribut ist die Rose Dionysos, Aphrodite, Amor, Flora, Isis und Freya zugeordnet. In der vielschichtigen mittelalterlichen Rosenmystik wird Maria als Rose ohne Dornen bezeichnet. Neben der Jungfräulichkeit Marias symbolisiert die Rose auch Jugend. Das können Sie leicht an der Darstellung der vier Jahreszeiten im Fürstensaal überprüfen. Jede Jahreszeit stellt ein Lebensalter dar. Außerdem ist ein Musikinstrument zugeordnet. Zum Beispiel dem mit rosafarbenen Rosen bekränzten Frühling eine Schalmei.
Wenn es jetzt draußen noch einmal zu kalt und ungemütlich für einen Frühlingsspaziergang wird, kommen Sie einfach ins Schloss und schwelgen Sie hier in der üppigen Pracht des Frühlings.
Herzliche Grüße
Ihr Schlossteam Bruchsal