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Sommergruß vom Städtischem Museum und Stadtarchiv

Erinnern Sie sich noch an den Bruchsaler Nierlesbrunnen auf dem Schönbornplatz? Mit Gemälden des Künstlers Willy Klein aus der Sammlung des Städtischen Museums und historischen Aufnahmen aus dem Bestand des Stadtarchivs lassen wir den „Thing“ wiederaufleben.

Der Nierlesbrunnen mit Blick auf die Eisdiele „Bertolini“ auf einem Gemälde von Willy Klein. Foto: Städtisches Museum

Stadtarchiv und Städtisches Museum erinnern an den Bruchsaler „Nierlesbrunnen“

Am 25. April 1955 diskutierte der Gemeinderat über die Gestaltung des Schönbornplatzes. Verschiedene Entwürfe waren eingegangen – letztendlich entschied man sich für einen Springbrunnen mit dekorativ geschwungenem Becken. Bis vor gut 30 Jahren befand sich auf dem heutigen Schönbornplatz der Brunnen, der im Volksmund als „Nierlesbrunnen“ oder auch „Thing“ bekannt war. Als beliebter Treffpunkt der Bruchsaler Jugend galt der Bereich um den Brunnen seit den 50er Jahren. 1988 machten das Wasserbecken und die umgebende Bepflanzung Platz für ein neues Konzept der Bruchsaler Innenstadt. So wurde hier die Fußgängerzone eingerichtet und der Verkehr der B3 aus dem östlichen Teil der Kaiserstraße verbannt. Heute treffen sich Jung und Alt nicht mehr am Brunnenbecken, sondern im 1991 an dieser Stelle erbauten Pavillon.

Die damalige Atmosphäre des Schönbornplatzes mit Brunnen lässt Willy Klein in zwei Gemälden von 1960 erahnen, die den Platz aus verschiedenen Perspektiven zeigen und sich im Sammlungsbestand des Städtischen Museums befinden. Ob mit dem damaligen Kaufhaus Schneider im Rücken oder mit Blick nach Norden gelingt es Klein, die lebendige Stimmung des Nierlesbrunnens inmitten der vorherrschenden Architektur des Wiederaufbaus auszudrücken. Fast meint man, die Fontäne plätschern und sich mit den Geräuschen des vorbeirollenden Verkehrs vermischen zu hören. So fängt Willy Klein einen Moment ein, der vielen Bruchsalerinnen und Bruchsalern sicherlich noch vertraut vor Augen steht und an Begegnungen und Gespräche am Brunnenrand erinnert.
Willy Klein wurde 1902 in Bruchsal geboren und ließ sich nach einer Malerlehre an der Kunstakademie in Karlsruhe zum Kunstmaler ausbilden. Nach Abschluss des Studiums arbeitete er als freier Künstler. Ab 1928 stellte er Gemälde, Zeichnungen und Graphiken überregional aus und restaurierte 1936 und in den Folgejahren die Freskomalerei des Corps de Logis im Bruchsaler Schloss. Im Rahmen seiner Tätigkeit beim Landesdenkmalamt wirkte er bei der Restaurierung von Funden der Michelsberger Kultur mit. Kleins Bilder zeichnen sich durch eine gegenständliche Malweise mit leicht pastosem Pinselstrich aus. Vor allem Motive aus der Heimat des Künstlers, aus dem Kraichgau und Bruchsal machen Kleins Werk aus, der damit ohne Zweifel als Heimatmaler mit unserer Region verbunden bleibt.

Gemälde mit Brunnen und Häuserfassaden, Himmel mit Wolken
Schönbornplatz mit Nierlesbrunnen auf einem Gemälde des Bruchsaler Künstlers Willy Klein, 1960 (c) Städtisches Museum.jpg

Drei Fotos aus dem Bestand des Stadtarchivs zeigen den „Nierlesbrunnen“ in seiner ganzen Pracht, einmal aus dem Kaufhaus Schneider heraus fotografiert, einmal von der gegenüberliegenden Seite. Manch ein Betrachter fragt sich nun, wie er zu dem Namen kam, erinnert die Form doch mehr an ein Kleeblatt als an die damals modische Nierenform mondäner Poolanlagen der 1950er und 60er Jahren. Ein drittes Bild zeigt die Perspektive des davorstehenden Betrachters, auch wenn die eigenwillige Nachkolorierung des Bildes eine genaue Bestimmung der damaligen Botanik doch erschweren dürfte.

Dass die Fotos auch für andere Aspekte der Stadtgeschichte hinzugezogen werden können, zeigt ein Blick auf die umliegenden Geschäfte. Wo manch ein Betrachter nur unschöne Nachkriegsarchitektur sieht, sehen andere vielschichtige Aussagen über die Bau- und Gewerbegeschichte Bruchsals. Auf dem schwarz-weiß Foto ist das Kaufhaus Schneider noch ohne Aufbau zu sehen, rechts daneben versucht ein einstöckiger Behelfsbau eine kriegsbedingte Lücke notdürftig zu schließen, die Stadtkirche ist ihres Notdachs jedoch schon entledigt und trägt ihren heutigen Turm. Ein Dach fehlt dem Bergfried im Hintergrund noch, das kam erst in den Jahren 1986/1987 darauf.
Das Farbfoto zeigt den Betrachtern eine Mischung aus heute noch bekannten Geschäften „am Platz“, solchen, die jetzt an anderer Stelle Residenz bezogen haben und ganz verschwundenen wie das einstmals exklusive Modewarengeschäft „Kruse und Kurzenberger.“ Hier ergänzen sich die Hilfsmittel im Archiv: so konnte das Textilgeschäft „Winterhalter“, auf dem Foto nur als Schemen zu erkennen, durch das Adressbuch von 1960 entziffert werden.

Aufruf des Stadtarchivs

Zur Kino-Vorstellung ins Europa, danach auf ein Eis zu Bertolini … und dann noch schnell beim „Thing“ vorbeischauen – der Nierlesbrunnen vor dem ehemaligen Kaufhaus Schneider auf dem Schönbornplatz galt über Jahrzehnte als ausgemachter Treffpunkt der jungen Bevölkerung Bruchsals.
Haben auch Sie Erinnerungen an diesen „hot spot“, die Sie gerne teilen würden? Als kulturelles Gedächtnis Bruchsals ist das Stadtarchiv immer daran interessiert, die amtlichen Bestände durch die individuellen Erinnerungen Bruchsaler Bürgerinnen und Bürger zu ergänzen, um eine umfassende Dokumentation des städtischen Lebens in all seinen Bereichen für die Nachwelt sicher zu stellen. Schreiben Sie uns Ihre Erinnerungen rund um den Nierlesbrunnen und wir archivieren sie in unserer zeitgeschichtlichen Sammlung.
Mit der Einsendung erklären Sie sich einverstanden, dass das Archiv den Bericht zukünftigen Historikern zur Verfügung stellt und für die historische Öffentlichkeitsarbeit der Stadt nutzt. Ihre Einsendung kann auch anonym erfolgen.
Kontaktadressen: per E-Mail an: stadtarchiv@bruchsal.de oder postalisch: Stadtarchiv Bruchsal, Postfach 2320, 76613 Bruchsal.